Die Honda Africa Twin ES 2025 hat mich auf den ersten Blick optisch überzeugt: schlank, markant, und mit ihrer klassischen Tricolor-Lackierung einfach schön anzusehen. Nach 2500 Kilometern kommt nun der erste Erfahrungsbericht.
Der erste Eindruck
Der erste Start? Gänsehaut! Der Motor hat einen satten, tiefen Klang, der sofort Fahrfreude weckt.
Im Alltag macht die Honda Africa Twin vieles richtig: Die Sitzposition ist angenehm aufrecht, die Komfortsitzbank ist auf längeren Etappen wirklich ein Gewinn, der Wind- und Wetterschutz ist gut und die Verwirbelungen am Helm sind nicht zu stark. Dazu kommt ein ausgezeichnet funktionierender Quickshifter, der die Schaltvorgänge sauber und präzise durchzieht – selbst im Stadtverkehr. Dazu lädt die gut abgestimmte drehmomentstarke Motorleistung zum entspannten Fahren bei niedrigen Drehzahlen ein. Das Aufbocken auf den Hauptständer geht erstaunlich leicht – auch mit Beladung.
Auch auf die Android Auto bzw. Apple CarPlay Funktion möchte ich nicht mehr verzichten. Eine der großen Besonderheiten der Africa Twin.
Fahrwerk
Das elektronische EERA Fahrwerk von Showa funktioniert fantastisch – es schluckt Bodenwellen locker weg und sorgt auch bei sportlicher Fahrweise für Stabilität. Zudem bietet die Maschine umfangreiche Einstellmöglichkeiten, mit denen man sich das Fahrverhalten auf den eigenen Stil zuschneiden kann.
Das 21″ Vorderrad empfinde ich auf der Straße nicht negativ.
Was nicht überzeugt
Fahrverhalten
Der hohe Schwerpunkt ist deutlich zu spüren und gewöhnungsbedürftig.
Was ich ebenfalls vermisse: ein Regen-Fahrprogramm. Gerade bei wechselhaften Bedingungen wäre das ein echter Sicherheitsgewinn.
Reifen: Laut und problematisch bei Nässe
Ab Werk ist der Metzeler Karoo Street montiert, der extra für Honda hergestellt wird. Ich fand ihn auf trockener Straße okay, aber bei Regen und nach einem Sturz ist mein Vertrauen in diesen Reifen komplett dahin. Dazu kommt: Er ist laut. Gerade bei längeren Etappen stört das deutlich.
Mittlerweile habe ich den Reifen gegen einen Continental Trail Attack 3 ersetzt.
Motor und Bremse
So sehr ich die Maschine schätze, stören mich einige Dinge im Alltag doch spürbar. Der Motor ist während der Fahrt lauter als erwartet und dabei kommt es zusätzlich zu spürbaren Vibrationen, die auf längeren Strecken doch etwas nerven.
Besonders im ersten Gang ist die Gasannahme sehr ruppig, was vor allem in engen Serpentinen unangenehm auffällt.
Der Verbrauch ist für mein Empfinden etwas zu hoch, vor allem bei zurückhaltender Fahrweise. Warum es keine Schubabschaltung gibt, ist mir schleierhaft das würde den Verbrauch senken und wäre technisch heute Standard.
Was mir persönlich fehlt, gerade bei einer Maschine dieser Klasse, sind Stahlflexbremsleitungen und ein Combined Brake System (CBS). Beides wären sinnvolle Ergänzungen für mehr Sicherheit und ein besseres Bremsgefühl.
Komfort und Wartung
Die Sitzbankverstellung ist eine Zumutung und weit entfernt von japanischer Ingenieurskunst.
Und dann ist da noch die Kette: Wartung, Schmierung, Spannung. Nach vielen Jahren wartungsarmen Kardanantrieb war ich da nun natürlich etwas verwöhnt.
Der Kupplungs- und Bremshebel sind mir etwas zu kurz und das Kabel am Gasgriff finde ich störend.
Ersatzteile
Was mich auch noch ziemlich stört, sind die hohen Preise für Ersatzteile. Ein LED-Blinker kostet z.B. bei Honda 150 Euro und im Vergleich dazu bei BMW nur 65 Euro.
Software
Die Integration von Android Auto und Apple CarPlay ist grundsätzlich vorhanden, allerdings nicht drahtlos. Das ist 2025 einfach nicht mehr zeitgemäß und ich hatte mehrere USB-Verbindungsprobleme mit Android Auto. Auch der verwendete Bluetooth 2.1 + EDR Standard ist längst überholt und wirkt wie aus der Zeit gefallen. Dadurch sind auch Akkulaufzeiten von modernen Headsets reduziert.
Was mich außerdem irritiert: Die Statusanzeigen, etwa zur Motorbremse (EB), sind seltsam umgesetzt. Drei Balken = wenig Motorbremse, ein Balken = viel? Das wirkt wenig intuitiv.
Dass Honda „Straße“ (in der ABS-Anzeige) nicht richtig schreibt, ist schon peinlich.
Ein weiteres Manko: Es gibt relativ viele unbeleuchtete Tasten, was die Bedienung bei Dunkelheit erschwert.
Zwei Wochen zu früh zugelassen
Hätte ich meine Maschine zwei Wochen später angemeldet, wäre ich auch in den Genuss der Garantieverlängerung ab 01.04.2025 auf sechs Jahre für neu angemeldete Motorräder gekommen.
Das hat schon einen negativen Beigeschmack.
Fazit
Nach 2500 km
Die Honda Africa Twin ES 2025 ist ein tolles Motorrad mit Charme und Charakter. Sie fährt sich angenehm, bietet überschaubare moderne Technik und überzeugt mit einem gelungenen Design.
Die Honda CRF1100L Africa Twin ES (meine Maschine) ist für mich die schlankere, etwas leichtere Alternative zur BMW Boxer GS-Serie und genau das war mein Ziel. Ja, die GS macht alles besser, aber sie ist auch schwerer und teurer. Des weiteren muss man den Boxer und besonders das Design der neuen R 1300 GS/A mögen – ich tu’s nicht (mehr).
Nach den bisher gefahrenen Kilometern bin ich insgesamt zufrieden, auch wenn noch nicht alles perfekt ist. Ein paar Kinderkrankheiten, ein paar Kompromisse, aber eben auch viel Potenzial. Ich bin gespannt, wie sich die Africa Twin in den nächsten 10.000 Kilometern schlägt.
Nach 3500 km
Die Africa Twin ist schon eine „Zicke“. Der hohe Schwerpunkt und die schlecht dosierbare Gasannahme, sorgen für einen erhöhten Andrenalinspiegel in engen Serpentinen bergauf.
In diesem Beitrag könnt ihr nachlesen, was ich an der AT schon alles angepasst habe.