Es hat gedauert, aber jetzt passt endlich alles: Das Wetter spielt mit, das neue Motorrad ist startklar, die Dachterrasse ist fertig und das Dachzelt wartet auf seinen ersten richtigen Einsatz mit Campingübernachtung. Nachdem ich dieses Jahr schon das Weserbergland und den Harz in jeweils kurzen Wochenendtrips mit dem Bike erkundet habe, zieht es mich das erste Mal in die Oberlausitz, um Touren durch das Elbsandsteingebirge und Riesengebirge zu fahren.
Übernachten bei den Riesen aus Stahl: Ferropolis
Bevor es in die Lausitz nach Görlitz geht, mache ich einen Zwischenstopp in Ferropolis – der Stadt aus Eisen.
Vielleicht kennt das der ein oder andere von Festivals, aber außerhalb der Events kann man hier wenige Wochen lang auch ganz in Ruhe campen.
Mein sogenannter „Premium“-Platz liegt direkt am Wasser, was für die Aussicht super ist – der Untergrund dagegen… sagen wir mal: abenteuerlich. Zack – festgefahren. Aber: Camper halten zusammen, und mit vereinten Kräften steht der Crafter bald da, wo er soll.
Zum Abend gibt’s den Klassiker vom Camping-Kocher: Nudeln mit Pesto, dazu ein Feierabendbier mit Blick auf den stillen See.
Die Sonne geht langsam unter, es wird eine sternenklare Nacht.
Die Nachbarn haben stimmungsvolle Beleuchtung – echtes Camping-Feeling. Einziger Wermutstropfen: Die großen Bagger, die Ferropolis nachts laut Prospekt angeblich anstrahlt – bleiben heute dunkel. Na gut, die Atmosphäre stimmt trotzdem.
Sonnenaufgang im Dachzelt
Am Morgen, als ich den Reißverschluss des lichtdichten Zelts öffne, scheint mir die Sonne direkt ins Gesicht. Der See liegt ruhig da, die Luft ist schon angenehm warm. Die Nacht war erstaunlich gut – nicht zu kalt, lediglich ein mechanisches Geräusch unbekannter Quelle in der Ferne hat gestört. Eigentlich eine solide Nacht.
Nach einer heißen Dusche – sauber, ordentlich und okay für den Preis – gibt’s Frühstück mit Rührei vom Camping-Kocher und mitgebrachten Brötchen. Der erste Kaffee kommt vom Nachbarn, samt nettem Schnack am Morgen. Ein guter Start in den Tag.
Auf zwei Rädern durchs Elbsandsteingebirge
Dann heißt es Zelt schließen, Campingausrüstung verpacken, Crafter starten und weiter geht’s. Diesmal komme ich ohne Hilfe vom Platz und lasse Ferropolis hinter mir. Das Ziel: mein Hotel in Görlitz und von da aus am Nachmittag noch eine ausgedehnte Motorradtour durch das Elbsandsteingebirge – genauer gesagt durch die Sächsische Schweiz, also auf deutscher Seite.
Die Strecke ist schön zu fahren, kurvig, malerisch, mit weiten Blicken über die Felsen und Wälder. Trotzdem ertappe ich mich bei dem Gedanken: Irgendwie erinnert mich die Landschaft immer wieder an Thüringen. Vielleicht fehlt mir hier ein bisschen das Besondere – dieses Gefühl, etwas ganz Eigenes zu erleben. Aber schön ist es allemal, und für eine Tour mit dem Motorrad absolut empfehlenswert.
Kleine Erschöpfung, große Aussicht
Auf meiner Tour darf natürlich ein Abstecher zur Bastei nicht fehlen – eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten im Elbsandsteingebirge. Aber nach einem langen Tag, erst mit dem Crafter und dann auf dem Motorrad, bin ich einfach durch. Die 30-minütige Wanderung über die Basteibrücke in voller Montur ist nicht mehr drin. Stattdessen gehe ich nur gemütlich bis zur Aussichtsplattform gönne mir eine Schorle und genieße den Blick auf die Elbe und die beeindruckenden Felsformationen der Bastei von “oben”. Das reicht mir heute völlig – und die Aussicht ist auch ohne große Kraxelei ein echtes Highlight.
Kulinarische Durststrecke mit Happy End
Am späten Nachmittag geht’s weiter Richtung Görlitz, wo ich mir ein deftiges Abendessen gönnen will. Doch das stellt sich schwieriger heraus als gedacht: Entweder haben die Lokale schon zu oder ich werde ziemlich unfreundlich abgewiesen – scheinbar ist heute nicht mein Gastro-Tag.
Gerade als ich frustriert aufgeben will, finde ich doch noch ein kleines Restaurant mit schlesischer Küche. Und was soll ich sagen: obwohl die Küche eigentlich schon durch ist, zaubert man mir noch ein warmes Gericht. Es wird zur kulinarischen Offenbarung: die beste Roulade meines Lebens! Zart, würzig, mit perfekter Füllung und einer Sauce zum Niederknien.
Zufrieden mit dem langen Tag und der Tour kann ich sagen: unterm Strich war es ein schöner Tourtag und ich freue mich jetzt schon auf die nächste Etappe morgen.
Erkunden des tschechischen Riesengebirges
Am nächsten Morgen geht’s weiter – ich will ins Riesengebirge. Also geht es heute auf die tschechische Seite.
Die Route führt mich zuerst ein Stück durch Polen, dann über die Grenze. Da erwarten mich nach angenehm zu fahrenden Straßen noch richtige Überraschungsstrecken!
Kleine, kaum befahrene Straßen, Schleichwege durch die Wälder und versteckte Ortschaften. Da kommt die AT auf ihre Kosten. Ich habe Spaß und die Strecke gefällt mir ausgesprochen gut.
Irgendwo unterwegs finde ich ein kleines Café, genau zur richtigen Zeit. Kaffee trinken und Kuchenhunger stillen. Aber der Wetterbericht hatte es angekündigt – und tatsächlich: Als ich wieder unterwegs bin zieht es zu, die ersten Tropfen fallen, und dann schüttet es wie aus Eimern. Als auch noch Blitz und Donner dazukommt, steuere ich zügig einen Unterstand an. Ich bin nicht allein – ein weiterer Fahrer steht schon dort.
Das Gewitter zieht ab – und das Pech zieht auf
Nachdem das Gewitter vorbeigezogen ist, beschließe ich, die letzten Kilometer in Angriff zu nehmen und die nasse Rückfahrt anzutreten. Ich bin guter Dinge – bis es plötzlich passiert: 30 Kilometer vor Ende meiner Tour, Mitten in der Stadt Friedland in Böhmen, nach einer harmlosen Rechtskurve, legt es mich und meine neue Africa Twin auf die Straße. Einfach so, ohne erkennbare Ursache. Nass? Öl? Keine Ahnung. Ich fluche lautlos in den Helm: So eine Sch…!
Ich komme einigermaßen glimpflich davon – so denke ich jedenfalls in dem Moment. Stehe sofort wieder, checke mich kurz durch. Ein Motorradfahrer hält direkt an, um mit mir zusammen die Maschine wieder hinzustellen. Ich bedanke mich und signalisiere ihm dann, das alles gut ist und er weiterfahren kann.
Die Maschine sieht aber schlimmer aus: Bremshebel abgebrochen, die Handprotektoren lose (die waren qualitativ dann ja wirklich grottig), Kratzer an Spiegel, Blinker, Kofferhalterung, Motorschutzbügel usw. – und das Schlimmste: die rechte Frontverkleidung hat es richtig erwischt.
Direkt nach Sturz erhalte ich außerdem einen Anruf von der Notrufzentrale meines eCall-Systems von Ridelink und man erkundigt sich nach meinem Zustand – ob ich Hilfe bräuchte. Der Test war so nicht geplant aber wirklich gut zu wissen, dass es funktioniert.
Die Maschine läuft nach kurzer Startschwierigkeit noch und ich kann vorsichtig weiterfahren. Mir schmerzt mein rechter Oberschenkel und mein linker Daumen.
Zurück in Görlitz suche ich am Abend noch etwas zu Essen – auch heute keine leichte Mission. Schließlich finde ich doch noch ein Lokal in der Nähe meines Hotels, auf polnischer Seite, aber fußläufig erreichbar.
Ein Bueno aus dem Hotelautomaten versüßt mir den ärgerlichen Abend dann trotzdem ein bisschen.
Abschied mit Schmerzen
Am Abreisetag wache ich mit starken Schmerzen in der Hand auf – ein stechendes, unangenehmes Gefühl, das sich nicht mehr wegignorieren lässt. Später werde ich erfahren: Ein kleines Stück Daumenknochen ist abgebrochen. Dazu ist meine rechte Seite blau. Es hilft nichts – ich muss das Motorrad in den Crafter fahren und verzurren.
Dann beginnt die lange Rückfahrt nach Hause. Jetzt heißt es erstmal: mich und mein Bike wieder zusammenflicken. So schön der Trip in vielen Momenten war – am Ende hat es mich leider im wahrsten Sinne des Wortes umgehauen.
Trotzdem: Das Riesengebirge hat mich beeindruckt. Die Landschaft, die Strecken, die Ruhe – das ist definitiv eine Tour wert. Nur vielleicht das nächste Mal mit etwas mehr Glück und ohne Bodenkontakt.
Fazit
Meine erste Nacht im Dachzelt war super – und sicher nicht das letzte Mal Camping. Görlitz ist ganz schön, auch wenn es dort einige unfreundliche Mitarbeiter in der Gastronomie gab. Die Bastei ist ein Klassiker, den man unbedingt gesehen haben sollte. Das Riesengebirge ist sehr schön, und mit etwas mehr Zeit lassen sich unterwegs einige lohnenswerte Stopps einlegen.
Der Sturz ist auch zwei Wochen später noch schmerzhaft zu spüren und die Hand musste mittlerweile operiert werden. Aber was am meisten schmerzt: mindestens sechs Wochen Motorradpause liegen nun vor mir und das mitten in der Saison.
Reisezeit: 01.05.2025 – 04.05.2025
Zuletzt geändert: 12. Juni 2025